Nur keine Panik! Gedankenleere, Lampenfieber, Redeangst: ein Schnell-Coaching spürt Stressauslöser auf und beseitigt sie
Der Schriftsteller Roland W. kommt seit Wochen nicht mit seinem Krimi voran. Der Abgabetermin naht. Katrin S.leitet das Marketing bei einem großen Lebensmittelhersteller. Morgen soll sie ihr Werbekonzept für ein neues Produkt präsentieren. Sie ist nervös, schläft nicht und hat einen Kloß im Hals, wenn sie nur an die Präsentation denkt. Roland und Katrin brauchen Hilfe und zwar schnell.
Geistesblitze, die aufräumen
Viele Schauspieler, Führungskräfte und Spitzensportler nutzen in solchen Fällen ein Kurzzeit-Coaching namens „Wingwave“, das Blockaden erkennen und auflösen kann. Das Verfahren wurde vom Hamburger Besser-Siegmund-Institut entwickelt und vereint Elemente aus bilateraler Hemisphärenstimulation, neurolinguistischem Programmieren (NLP) und Kinesiologie. Der Name „Wingwave“ kommt aus dem Englischen und soll an den Flügelschlag eines Schmetterlings erinnern, der laut Chaostheorie das Klima auf der anderen Seite der Erdkugel ändern kann. Um im Klienten eine ebenso große Wirkung zu erzielen, muss der Coach an der richtigen Stelle ansetzen und „Brainwaves“, also Geistesblitze hervorrufen, welche die Blockaden lösen. Eine Art Muskeltest soll zeigen, wo es hakt.
Mit dem so genannten „O-Ring-Test“ will der Coach die tiefere Ursache einer Blockade aufspüren. Er bittet den Klienten, Daumen und Zeigefinger kräftig zu einem „O“ zusammenzupressen. Der Coach nennt ein paar Stichworte und versucht dabei, die Finger des Klienten zu öffnen. Sobald der Klient an etwas denkt, das ihn aufregt, kann er seine Finger nicht mehr geschlossen halten. Kommt ihm dabei jedoch etwas Angenehmes in den Sinn, so bleiben seine Finger geschlossen. „Auf diese Weise kann ich stressvolle und stärkende Erinnerungen, Bilder oder Gefühle identifizieren“, sagt Liz Wieskerstrauch, Wingwave-Coach. Ist der Stressfaktor gefunden, schlägt sich das im Körper nieder. Roland versetzt sich in die Zeit seiner Kindheit. Mit Hilfe des Coaches erkennt er, dass sich ein alter Familienkonflikt im Körper festgesetzt hat. Es meldet sich ein dumpfes Gefühl im Bauch. Der Coach winkt mit seinen Händen jetzt schnell vor den Augen des Klienten hin und her, die Augen sollen den Bewegungen folgen. Das erzeugt eine wache REM (Rapid Eye Movement)-Phase, ähnlich wie während des nächtlichen Traumschlafs, in dem sich die geschlossenen Augen ebenfalls heftig bewegen. Eigentlich wird das Gehirn während der REM-Phase aufgeräumt, doch bleiben manche Ereignisse unverarbeitet: große, traumatische oder auch viele kleine Stressmomente, lästige Hindernisse, die den Menschen in seinen Fähigkeiten einschränken – so die These. Mit den Augenbewegungen kommunizieren zwei Areale im Gehirn, die für unterschiedliche Aufgaben zuständig sind: das der Emotionen und das des Sach- verstandes. Das wiederum wirkt sich auf das Stressempfinden aus.
Roland erkennt sofort, ob das Winken geholfen hat: Das schlechte Bauchgefühl ist schon einmal verschwunden, er fühlt sich erleichtert. Im zweiten Schritt geht es um das konkrete Problem: das Manuskript. Der Coach findet heraus: Es fehlt Roland an gesunder Distanz zu seiner Romanfigur. Sein eigenes Problem verbindet sich unbewusst mit seiner Protagonistin.
Als Auslöser für Katrins Lampenfieber entpuppt sich eine Versagensangst aus der Kindergartenzeit. Der Coach führt ihre Augen hin und her und geht mit ihr alle Möglichkeiten durch, wie der Vorstand auf ihre Präsentation reagieren könnte. Erinnerungen an ähnliche Auftritte werden wach, die nicht optimal verliefen. Die Stressmacher sind sehr unterschiedlich. Ein Wort, das uns plötzlich blockiert, ein negativer Glaubenssatz, den wir „von früher“ mit uns herumtragen oder die Erinnerung an eine belastende Situation. Ist das Thema und das damit verbundene Gefühl gefunden, winkt der Coach vor den Augen seiner Klienten.
Auch wenn die Wingwave-Methode nach Zauberei klingt, mit Esoterik hat sie nichts zu tun. Selbst die Wissenschaft hat sich mit dem Thema befasst: Studien an der Uni Hamburg und der Medizinischen Hochschule Hannover von 2006 zeigen, dass zwei Stunden Coaching Redeangst und Lampenfieber in Auftrittsfreude verwandeln können. „Das war wie Psychotherapie in zwei Stunden“, sagt Roland. Doch die Trainerin schränkt ein: Wingwave kann bei manchen Problemen rasch helfen. Eine Psychotherapie kann die Methode aber nicht ersetzen.
Buchtipp:
"Erfolge zum Wundern: Wingwave in Aktion. Fünfzig und eine Coachinggeschichte", Cora Besser-Siegmund, Junfermann, 224 S., 19,90 Euro.
Coaching:
In den Bereichen Business, Pädagogik, Sport & Gesundheit ist zu buchen beim Wingwave-Coach Dirk W. Eilert. www.wingwave-akademie.de
Autoren, Künstler und Kreative bekommen Informationen und imaginäre Figurenaufstellungen bei Limbic Script. Auch in Berlin. www.limbic-script.com
aus: Berliner Zeitung, 25./26. August 2012, Karrierebeilage
Ende August auch erschienen in: Frankfurter Rundschau und Kölner Stadtanzeiger